Die Meetings meines Lebens – alle abgesagt
- Jack Bennett

- 2. Mai
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 8. Mai

Es gab mal eine Zeit, da dachte ich, Meetings wären der Ort, wo Dinge entstehen.
Ideen. Konzepte. Fortschritt.
Heute weiß ich: In Meetings stirbt alles, was nicht schon vorher tot war.
Ich bin da gesessen, jahrelang. In schick designten Räumen, mit Wasserkaraffe, MacBook und einem Lächeln, das meine innere Müdigkeit tarnen sollte. Hab stundenlang Dinge gesagt, die man auch hätte googeln können. Hab genickt, wenn andere Leute über Purpose gesprochen haben, während ich innerlich überlegte, ob ich noch Milch zu Hause hab.
Ich hab in einem Meeting mal fünf Minuten lang geschwiegen, nur um zu sehen, ob es jemand merkt. Hat keiner.
Ich hab sie alle durchgespielt: Stand-ups, Sync-ups, All-hands, One-on-ones. Call nach Call. Gefühlt hab ich seit 2019 kein echtes Gespräch mehr geführt – nur laut gedacht in Zoom-Qualität. Dann hab ich angefangen, abzusagen. Nicht aus Protest. Aus Überleben.
Hab mir selbst gesagt:
„Wenn ich heute noch ein Call-Intro mit ‘Wie geht’s dir denn heute?’ hör, bei dem die Antwort eh keinen interessiert – dann schrei ich.“
Hab stattdessen ein Meeting mit mir selbst gemacht.
Thema: „Wozu das alles?“
Teilnehmer: Ich.
Dauer: Drei Zigaretten lang.
Ergebnis: Alles absagen, was sich wie ein Bewerbungsgespräch mit dem eigenen Gewissen anfühlt.
Jetzt frag ich mich: Warum zur Hölle reden wir ständig über Ziele –aber nie über Grenzen?
Ich hab mal mit einem Kunden einen Workshop gecancelt, weil ich wusste, dass ich’s einfach nicht fühl. Er war irritiert. Ich war befreit. Hab danach eine Playlist gemacht, Kaffee getrunken und zum ersten Mal seit Wochen wieder gedacht – ohne zu funktionieren.
Es war das beste Meeting, das ich je nicht hatte.
Berlin ist voll von Menschen, die in Cafés sitzen und an „Decks“ feilen. Die über Formate sprechen, aber nie über Gefühle. Ich bin nicht besser. Aber ich bin müde.
Und Müdigkeit ist manchmal der ehrlichste Grund,einfach alles abzusagen.
🎶 Soundtrack für No-Shows mit Haltung
Interpol – Leif Erikson Für die leere Stille nach dem fünften Call ohne Seele.
Portishead – Roads Weil du plötzlich spürst, wie sehr dir alles zu viel war.
Kurt Vile – Wakin on a Pretty Day Wenn du’s geschafft hast, nichts zu tun – und es sich anfühlt wie Freiheit.
💬 Zitate, mit denen du Meetings endgültig beerdigst
„Ich hab Meetings abgesagt, um mich nicht selbst zu verlieren.“„There’s no dignity in exhaustion.“ – John Goodman
🧻 Take-Aways (auf einen Notizzettel für deinen Therapeuten)
Meetings sind oft Orte, wo nichts entsteht – außer Frust.
Absagen ist kein Scheitern. Es ist ein Zeichen von Selbstachtung.
Ein Gespräch mit dir selbst zählt mehr als zehn Calls mit KPI-Fokus.
Du bist nicht unprofessionell, nur weil du deine Ruhe brauchst.
Manchmal ist das beste Meeting das, das nie stattgefunden hat.
Letzter Satz
Ich hab die Meetings meines Lebens abgesagt –und plötzlich hatte ich Zeit, mir selbst zuzuhören.




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