Prenzlauer Parkbank mit Kippe
- Jack Bennett

- 8. Mai
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 9. Juli

Ich sitze auf einer Bank.
Holz, grau, angeschmiert mit irgendwas, das mal ein Statement war.
Prenzlauer Berg.
Der Spielplatz gegenüber ist voll mit Eltern, die sich über glutenfreie Kekse unterhalten, während ihre Kinder sich gegenseitig mit Bio-Sand bewerfen.
Ich zieh an meiner Kippe.
Nicht aus Genuss. Nicht aus Sucht.
Sondern, weil ich irgendwas in der Hand halten muss,
das nicht vibriert, leuchtet oder ein Meeting ist.
Ich lebe in Berlin.
Nicht, weil’s geil ist. Sondern weil ich irgendwann dachte,
das hier sei der Ort, an dem man sich findet.
Turns out: Ich hab mich verloren.
Zwischen Baustellen, Start-ups und Cappuccino mit Hafermilch.
Ich bin kein Teil dieser Stadt mehr. Ich bin Inventar.
Die Parkbank ist mein letzter Rückzugsort.
Kein Coworking, kein Coaching. Kein Branding.
Kein „Wir sollten uns mal connecten!“
Nur ich, Nikotin,
und das Gefühl, dass ich vor zehn Jahren irgendeine Abzweigung genommen hab,
die richtig aussah – und komplett falsch war.
Ich war mal hungrig. Heute bin ich satt – von Bullshit.
Ich war mal motiviert. Heute bin ich… müde.
Und das nicht im „Ich brauch Urlaub“-Sinn, sondern im:
„Ich hab zu viele Monate durchgehalten,
in denen ich längst hätte hinschmeißen sollen.“
Ich schau den Tauben beim Streiten zu.
Die sind ehrlicher als die meisten Calls,
die ich diese Woche hatte.
Ich frag mich:
Wann ist das eigentlich passiert?
Dass ich aufgehört hab, was zu wollen –
und nur noch was zu erfüllen?
Ich hab mir diesen Weg ausgesucht.
Selbstständig, kreativ, frei.
Jetzt bin ich selbstständig, kaputt
und allergisch gegen den Begriff „kreative Lösung“.
Berlin hat mich nicht müde gemacht.
Ich war schon müde, als ich hierherkam.
Die Stadt hat’s nur beleuchtet –
in all ihrer grellen, großartigen Gleichgültigkeit.
Auf der Parkbank hat niemand was von mir.
Ich muss nix liefern. Nix sagen. Nix posten.
Ich darf einfach da sein.
Das ist Freiheit.
Oder das, was davon übrig ist.
🎶 Soundtrack zur rauchenden Kapitulation:
Tom Waits – Hold On
Weil Loslassen sich manchmal wie Festhalten anfühlt.
The National – I Need My Girl
Für die Sehnsucht, die man nicht posten kann.
Nick Cave – Nobody’s Baby Now
Weil du dich selbst gerade zu oft verlassen hast.
💬 Zitate, die man auf diese Parkbank ritzen könnte:
„Ich bin nicht unglücklich. Ich bin nur erschöpft von diesem ständigen Hochglanzleben, das nichts mit mir zu tun hat.“
„Berlin ist wie eine Beziehung, die längst vorbei ist – aber keiner zieht aus.“
„Fuck it. Ich sitz hier einfach. Weil ich’s kann. Und weil ich sonst nichts mehr muss.“
„I don’t belong to anyone. And no one belongs to me.“– Bob Dylan
🧻 Take-Aways (eingraviert in das Holz deiner Fluchtbank):
Du musst nirgendwo sein. Du darfst einfach hier sitzen.
Nicht jeder Moment braucht ein Ziel. Manche brauchen nur eine Kippe.
Berlin muss dich nicht feiern. Es reicht, wenn es dich in Ruhe lässt.
Funktionieren ist nicht Leben. Atmen reicht.
Wenn alles zu laut ist – setz dich. Hör dir selbst beim Schweigen zu.
Letzter Satz:
Manchmal ist eine Parkbank mit Kippe ehrlicher als jede Therapiesitzung.




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